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GESUNDHEITSMAGAZIN
Prävention
DEKUBITUS
Bei Bettlägrigen ist häufiges
Umlagern und Kontrolle auf
Druckstellen unabdingbar.
Damit die Druckstelle nicht zur Wunde wird
Es beginnt mit einem roten, harmlos aussehenden Fleck. Daraus kann eine tiefe
Wunde entstehen. Dekubitus, umgangssprachlich „Wundliegen“, kann sogar tödlich
enden. Doch es gibt gute Wege, einem Druckgeschwür vorzubeugen.
CLAUDIA RICHTER
D
er Name „Wundliegen“ sagt es schon:
Langes Liegen in derselben Stellung
und Druck – das sind die zwei Haupt-
komponenten, die zumDekubitus führen. Alte
MenschensinddieHauptrisikogruppe.Haupt-
sächlich, weil sie immobil sind, aber auch, weil
ihre Haut verletzlicher ist.
Besonders jene
Körperstellen, wo es Knochenvorsprünge und
zwischen Haut und Knochen nur eine dünne
Fettschicht gibt: Hinterkopf, Schulterblätter,
Ellbogen, Wirbelsäule, Kreuzbein, Steißbein,
Knöchel, Fersen.
Krankhaft Dünne oder Adi-
pöse sindmehr gefährdet als Normalgewichti-
ge. Langjähriger Diabetes sowie Lähmung er-
höhen ebenfalls die Gefahr.
Auch
Rollstuhlfahrer sind gefährdet: „Da habe ich
schon ein faustgroßes Loch am Steißbein ge-
sehen“, erinnert sich Margit Mairitsch, Kran-
kenschwester beimHilfswerk in Villach.
Dekubitus kann rasch kommen. Die Druckbe-
lastung stört die Durchblutung der Haut, am
Anfang steht fast immer ein roter Fleck. Ein
Fingerdrucktest schafftKlarheit: „Wenn ichauf
dieRötung drücke und siewirdnicht kurzweiß,
handelt es sich in den allermeisten Fällen um
einen Dekubitus Grad eins“, weiß Mairitsch.
Hier ist noch alles zu retten: Regelmäßige La-
geänderung ist das oberste Gebot, das Gewebe
entlasten, Abpolstern der betroffenen Stellen,
Mobilisation, wennmöglich.
Ansonsten schreitet der Dekubitus voran: Zu-
nächst als oberflächliche Wunde, es können
Blasen entstehen. Grad zwei des Druckge-
schwürs ist noch mit Umlagerung und profes-
sioneller Wundpflege behandelbar. „Es gibt
Spezialverbände und -pflaster, spezielleKissen,
wattierteSchaumstoffe“,weißSylviaWohlfahrt,
OberärztinanderAllgemein- undGefäßchirur-
gie im LKH Villach, in dem Dekubitus heuer
Qualitätsmanagement-Schwerpunkt ist.
RASCHE REAKTION ENTSCHEIDEND.
Spe-
zielle Dekubitus-Matratzen können schon bei
Grad zwei eingesetztwerden, sind aber abGrad
drei noch wichtiger. Dieses Stadium kann in-
nerhalb weniger Tage eintreten, die Wunde ist
schon tiefer, Unterhaut und das darunterlie-
gendeGewebewerden zerstört, auchMuskeln,
SehnenundBänderwerden inMitleidenschaft
gezogen, das subkutane Fettgewebe liegt frei.
Oft geht es hier nicht mehr ohne Operation.
Bei Grad vier breitet sich die Wunde massiv
aus, Gewebe stirbt ab, Sehnen und Knochen
liegen frei, es kann zu Knochenentzündungen
kommen. Bakterien können (schon ab Grad
zwei) eindringen, mit Gefahr einer lebensbe-
drohlichen Sepsis oder Lungenentzündung.
„Grad vier ist fast immer chirurgisch zu behan-
deln, das sind oft sehr aufwendige Operatio-
nen“, weiß Gerhard Jenic, Primar der Allge-
mein- undGefäßchirurgie imLKHVillach. „Da
dieWundenmeist großflächig sind, sind häufig
Hauttransplantationen notwendig.“
Es gibt aberMöglichkeiten, dieEntstehung von
Dekubitus einzudämmen, ganz zu verhindern
ist er nicht. Das Allerwichtigste ist Mobilisa-
tion. Ist dem Patienten selbstständige Bewe-
gung nicht mehr möglich, muss er regelmäßig
umgelegt werden. „Aber bitte nicht ziehen“,
warnt Wohlfahrt, dadurch können erst recht
Wundenentstehen. AuchHautpflegemit guten
Salben ist unerlässlich, ebenso eine eiweiß-
und vitaminreiche Kost. Mangelernährung
oder Flüssigkeitsmangel begünstigen die Ent-
stehung eines Druckgeschwürs.
Hingegen kann spezielles Licht die Wundhei-
lung beschleunigen. „Das ist in der Literatur
unumstritten“, betont Kurt Schicho, Professor
für biomedizinische Technik und plastischer
Chirurg. Er und Kollegen haben mehrere Stu-
dien mit kalt gepulstem Rotlicht gemacht. Er-
gebnisse: „Der Tiefenstrahler Repuls regt die
Neubildung der Gefäße an, verbessert die
Wundheilung, verringert die Gefahr, dass die
Wunde sich ausbreitet, und reduziert nach-
weislich den Schmerz.“ Konkrete Zahlen zur
Häufigkeit des Dekubitus liegen nicht vor. Si-
cher ist indes, dass es eine hohe Dunkelziffer
gibt und dass sich die Prävalenz aufgrund der
Altersstruktur erhöhen wird.
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