Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  64 / 76 Next Page
Basic version Information
Show Menu
Previous Page 64 / 76 Next Page
Page Background

64

GESUNDHEITSMAGAZIN

Prävention

DEKUBITUS

Bei Bettlägrigen ist häufiges

Umlagern und Kontrolle auf

Druckstellen unabdingbar.

Damit die Druckstelle nicht zur Wunde wird

Es beginnt mit einem roten, harmlos aussehenden Fleck. Daraus kann eine tiefe

Wunde entstehen. Dekubitus, umgangssprachlich „Wundliegen“, kann sogar tödlich

enden. Doch es gibt gute Wege, einem Druckgeschwür vorzubeugen.

CLAUDIA RICHTER

D

er Name „Wundliegen“ sagt es schon:

Langes Liegen in derselben Stellung

und Druck – das sind die zwei Haupt-

komponenten, die zumDekubitus führen. Alte

MenschensinddieHauptrisikogruppe.Haupt-

sächlich, weil sie immobil sind, aber auch, weil

ihre Haut verletzlicher ist.

Besonders jene

Körperstellen, wo es Knochenvorsprünge und

zwischen Haut und Knochen nur eine dünne

Fettschicht gibt: Hinterkopf, Schulterblätter,

Ellbogen, Wirbelsäule, Kreuzbein, Steißbein,

Knöchel, Fersen.

Krankhaft Dünne oder Adi-

pöse sindmehr gefährdet als Normalgewichti-

ge. Langjähriger Diabetes sowie Lähmung er-

höhen ebenfalls die Gefahr.

Auch

Rollstuhlfahrer sind gefährdet: „Da habe ich

schon ein faustgroßes Loch am Steißbein ge-

sehen“, erinnert sich Margit Mairitsch, Kran-

kenschwester beimHilfswerk in Villach.

Dekubitus kann rasch kommen. Die Druckbe-

lastung stört die Durchblutung der Haut, am

Anfang steht fast immer ein roter Fleck. Ein

Fingerdrucktest schafftKlarheit: „Wenn ichauf

dieRötung drücke und siewirdnicht kurzweiß,

handelt es sich in den allermeisten Fällen um

einen Dekubitus Grad eins“, weiß Mairitsch.

Hier ist noch alles zu retten: Regelmäßige La-

geänderung ist das oberste Gebot, das Gewebe

entlasten, Abpolstern der betroffenen Stellen,

Mobilisation, wennmöglich.

Ansonsten schreitet der Dekubitus voran: Zu-

nächst als oberflächliche Wunde, es können

Blasen entstehen. Grad zwei des Druckge-

schwürs ist noch mit Umlagerung und profes-

sioneller Wundpflege behandelbar. „Es gibt

Spezialverbände und -pflaster, spezielleKissen,

wattierteSchaumstoffe“,weißSylviaWohlfahrt,

OberärztinanderAllgemein- undGefäßchirur-

gie im LKH Villach, in dem Dekubitus heuer

Qualitätsmanagement-Schwerpunkt ist.

RASCHE REAKTION ENTSCHEIDEND.

Spe-

zielle Dekubitus-Matratzen können schon bei

Grad zwei eingesetztwerden, sind aber abGrad

drei noch wichtiger. Dieses Stadium kann in-

nerhalb weniger Tage eintreten, die Wunde ist

schon tiefer, Unterhaut und das darunterlie-

gendeGewebewerden zerstört, auchMuskeln,

SehnenundBänderwerden inMitleidenschaft

gezogen, das subkutane Fettgewebe liegt frei.

Oft geht es hier nicht mehr ohne Operation.

Bei Grad vier breitet sich die Wunde massiv

aus, Gewebe stirbt ab, Sehnen und Knochen

liegen frei, es kann zu Knochenentzündungen

kommen. Bakterien können (schon ab Grad

zwei) eindringen, mit Gefahr einer lebensbe-

drohlichen Sepsis oder Lungenentzündung.

„Grad vier ist fast immer chirurgisch zu behan-

deln, das sind oft sehr aufwendige Operatio-

nen“, weiß Gerhard Jenic, Primar der Allge-

mein- undGefäßchirurgie imLKHVillach. „Da

dieWundenmeist großflächig sind, sind häufig

Hauttransplantationen notwendig.“

Es gibt aberMöglichkeiten, dieEntstehung von

Dekubitus einzudämmen, ganz zu verhindern

ist er nicht. Das Allerwichtigste ist Mobilisa-

tion. Ist dem Patienten selbstständige Bewe-

gung nicht mehr möglich, muss er regelmäßig

umgelegt werden. „Aber bitte nicht ziehen“,

warnt Wohlfahrt, dadurch können erst recht

Wundenentstehen. AuchHautpflegemit guten

Salben ist unerlässlich, ebenso eine eiweiß-

und vitaminreiche Kost. Mangelernährung

oder Flüssigkeitsmangel begünstigen die Ent-

stehung eines Druckgeschwürs.

Hingegen kann spezielles Licht die Wundhei-

lung beschleunigen. „Das ist in der Literatur

unumstritten“, betont Kurt Schicho, Professor

für biomedizinische Technik und plastischer

Chirurg. Er und Kollegen haben mehrere Stu-

dien mit kalt gepulstem Rotlicht gemacht. Er-

gebnisse: „Der Tiefenstrahler Repuls regt die

Neubildung der Gefäße an, verbessert die

Wundheilung, verringert die Gefahr, dass die

Wunde sich ausbreitet, und reduziert nach-

weislich den Schmerz.“ Konkrete Zahlen zur

Häufigkeit des Dekubitus liegen nicht vor. Si-

cher ist indes, dass es eine hohe Dunkelziffer

gibt und dass sich die Prävalenz aufgrund der

Altersstruktur erhöhen wird.

Foto: Getty Images