GESUNDHEITSMAGAZIN
63
GÜRTELROSE
Prävention
überwiegend ohne Komplikationen ab. Wer
einmal Gürtelrose hatte, bekommt sie im
Normalfall nicht nochmals. Allerdings: Ist
das Immunsystem sehr geschwächt, kann es
immer wieder zu Ausbrüchen kommen. Ge-
nerell steigt mit dem Alter auch die Gefahr
von Komplikationen: Bis zu einem Drittel
aller Patienten leidet mehr als vier Wochen
nach Abklingen des Ausschlags noch immer
unter teils schweren Nervenschmerzen, bei
den über 70-Jährigen sind es sogar drei Vier-
tel. Geusau: „Eine solche Post-Zoster-Neur-
algie ist die häufigste Komplikation. Sie kann
Monate dauern, im schlimmsten Fall sogar
chronisch werden. Die Therapiemöglichkei-
ten sind sehr limitiert“, sagt Geusau. Auch
andere Komplikationen können vorkommen,
etwa Narben oder eine bakterielle Infektion,
die mit Antibiotika behandelt werden muss.
Neben den Rückenmarksnerven kann das
Varizella-Virus auch den Trigeminusnerv be-
fallen. Er versorgt das Gesicht, sodass auch
dort Ausschläge und sogar Lähmungen mög-
lich sind.
NEUER IMPFSTOFF.
Die gute Nachricht:
Auch gegen die Gürtelrose gibt es seit dem
Vorjahr einen neuenTotimpfstoff. Dieser wird
etwa in Deutschland gut angenommen. „So
gut, dass manmomentanmit Lieferengpässen
kämpft, die aber bis Jahresende behoben sein
sollten“, berichtet Mutz. Laut dem deutschen
Robert-Koch-Institut verringert der Impf-
stoff das Erkrankungsrisiko um etwa 90 Pro-
zent. ImLaufe ihres Lebens erkranken 33 von
100 Menschen an einer Gürtelrose, von den
geimpften nur drei von hundert.
Der Österreichische Impfplan empfiehlt den
neuen Totimpfstoff allen Menschen ab dem
vollendeten 50. Lebensjahr, besonders ge-
fährdeten, also Personen mit Erkrankungen,
die das Immunsystem beeinträchtigen oder
eine immunsuppressive Therapie notwendig
machen, auch schon früher. Geimpft wird
zweimal im Abstand von mindestens zwei,
maximal sechs Monaten.
Wie jede Impfung kann es auch hier Impfre-
aktionen geben. Mutz: „Das sind erwartbare
Reaktionen des Immunsystems, die bei
einem so hochwirksamen Impfstoff mitunter
etwas häufiger auftreten. So wurden bei
einem von zehn Geimpften an der Injek-
tionsstelle Rötungen, Schwellungen oder
Schmerzen beobachtet, auch Fieber oder
Kopfweh kamen vor. Diese Symptome klin-
gen aber nach ein bis zwei Tagen ab und ste-
hen in keiner Relation zu Schmerzen und
Risiken bei einer Gürtelrose.
Wer sich in Österreich gegen Gürtelrose
impfen lassen will, kann den Totimpfstoff in
der Apotheke anfordern. Das kostet derzeit
einige Hundert Euro. „In Österreich erkran-
ken jährlich 30.000 bis 40.000 Menschen.
Der neue Impfstoff kann eine Gürtelrose in
neun von zehn Fällen verhindern“, betont
Mutz. Und zwar mindestens zehn Jahre lang,
wie Experten schätzen. Genaueres werden
Langzeitstudien zeigen. „Neben der stärke-
ren und längeren Schutzwirkung hat der
neue Totimpfstoff aber noch einen anderen
Riesenvorteil im Vergleich zur Vorgänger-
impfung: Er eignet sich auch für Patienten,
deren Immunsystem krankheitsbedingt oder
durch eine Suppressionstherapie geschwächt
ist“, erklärt Mutz. Das heißt, auch nach
Transplantationen, bei einer Krebstherapie
oder bei Autoimmunerkrankungen kann
man sich nun effektiv gegen eine Gürtelrose
wappnen. Auch bei Patienten mit der chroni-
schen Form ist der Impfstoff laut Geusau
sinnvoll. „Die letzten Symptome müssen
aber mindestens zwei Monate zuvor abge-
klungen sein“, erklärt die Expertin.
Die Vorteile der Impfung vor Augen, zeigt
sich Dermatologin Geusau insgesamt opti-
mistisch: „Interessant wird die Entwicklung
in den nächsten Jahrzehnten. Sowohl die
Impfung gegen die Windpocken als auch die
gegen Herpes zoster werden langfristig dazu
führen, dass weniger Menschen an Gürtelro-
se erkranken.“
Wer einmal Gürtelro-
se hatte, bekommt sie
imNormalfall nicht
nochmals. Es sei denn,
das Immunsystem ist
sehr geschwächt.
seelischer Belastungen können zur Reakti-
vierung der Varizella-Viren führen. Denn bei
Stress mobilisiert der Körper sämtliche
Energiereserven, allerdings auf Kosten der
sogenannten spezifischen Immunabwehr.
Sie konzentriert sich im Normalfall auf die
Verteidigung gegen ganz bestimmte Krank-
heitserreger, wie das Varizella-Virus, kann
diese unter Stress aber eben nicht mehr kon-
trollieren.
SCHMERZHAFTER AUSSCHLAG.
Namens-
gebendes Symptom der Gürtelrose ist ein
Ausschlag. Wenn die sogenannten sensiblen
Nerven von Varizella-Viren betroffen sind,
tritt Herpes zoster als schmerzhafter Aus-
schlag auf genau jenen Hautarealen auf, die
von diesen Nerven versorgt werden. In etwa
50 Prozent der Fälle ist der Rumpf betroffen,
wobei die entsprechenden Nervenbahnen
gürtelförmig von derWirbelsäule zumBrust-
korb verlaufen. „Schmerzen können aber
auch im Gesicht, an Beinen, Füßen, Armen,
Händen und am Gesäß auftreten“, erklärt
Alexandra Geusau, Oberärztin an der Uni-
versitätsklinik für Dermatologie in Wien.
Typischerweise erscheinen die Symptome
nur auf einer Körperhälfte. Die Haut ist an
diesen Stellen entzündlich gerötet und zeigt
Bläschen, die verkrusten und sich nach zwei
bis drei Wochen ablösen.
Manchmal tritt auch Juckreiz auf. Schon ein
paar Tage vor dem Ausschlag spüren viele
Betroffene Schmerzen, die allerdings schwer
zuordenbar sind und so nicht selten den Ver-
dacht auf andere Ursachen lenken, von
Kreuzschmerzen bis hin zu Zahnwurzelent-
zündungen, räumt die Dermatologin ein.
Auch Abgeschlagenheit, Fieber oder Kopf-
schmerzen kommen vor. „Spätestens wenn
sich Bläschen bilden, sollte man zum Arzt
gehen, denn die medikamentöse Behandlung
schlägt umso besser an, je früher man damit
beginnt“, rät Geusau. Die Therapie fußt auf
drei Säulen. Zum einen wird die Vermehrung
der Virenmittels Virostatika eingedämmt. In
der Akutphase –meist sieben bis zehn Tage –
können zusätzlich Schmerzmittel verordnet
werden. Gele und Lotionen fördern schließ-
lich das Abheilen der Bläschen. Im Schnitt
dauert die Erkrankung vierWochen und heilt