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GESUNDHEITSMAGAZIN

MELANOM

Forschung

ten in sehr fortgeschrittenemStadium haben

wir gute Erfolge gesehen“, sagt Höller. Aller-

dings: Nur etwa die Hälfte der Melanome

trägt die Mutation, die sie für die gezielte

Therapie angreifbar macht. Und die Thera-

pie muss auf längere Dauer durchgeführt

werden. Mit der Zeit kommt es aber häufig zu

Resistenzbildung, womit das Medikament

seine Wirkung verliert und die Tumore wie-

der zu wachsen beginnen. Wirklich langfris-

tige Remissionen sind daher trotz beeindru-

ckender Anfangserfolge bei

diesem

Therapieansatz eher die Ausnahme.

GUTE ERFOLGE MIT IMMUNTHERAPIE.

Die zweite Innovation, die heute das Haupt-

standbein der Therapie fortgeschrittener

Melanome darstellt, ist die Immuntherapie.

(siehe auch Seite 54). Grundsätzlich geht das

körpereigene Immunsystem gegen Krebszel-

len vor. Diese unterbinden die Immunreak-

tion allerdings mit bestimmten Signalmole-

külen. Hemmt man diese Moleküle, werden

die Immunzellen, genauer die T-Zellen,

mittlere Überlebenszeit bei einemMelanom

mit Metastasen nur etwa ein halbes Jahr be-

trug. Selbst gegen die besonders schwer the-

rapierbaren Hirnmetastasen zeigt die Im-

muntherapie gute Wirkung, sofern sie

frühzeitig genug eingesetzt wird.

Allerdings gibt es auch Schattenseiten. Zum

einen sind die Ansprechraten noch nicht op-

timal. „Mehr als die Hälfte spricht an, ein

Viertel auch langfristig“, gibt Höller einen

Richtwert an. Andererseits erkauft man sich

die starke Wirkung der Kombinationsthera-

pie mit schweren, mitunter irreversiblen

Nebenwirkungen. „Durch das überaktivierte

Immunsystem kann es zu Entzündungen von

Organen wie Darm, Leber oder Bauchspei-

cheldrüse kommen. Zudem können die

Schilddrüse, die Hypophyse oder die Langer-

hansschen Inseln so geschädigt werden, dass

der Patient Hormonersatztherapie braucht

oder, in seltenen Fällen, eine Typ-I-Diabetes

entwickelt.“ Zwar könne man die Entzün-

dungen meist mit Kortison gut in den Griff

bekommen. „Sie können aber auch lebensbe-

drohlich sein“, mahnt Höller.

AUFWENDIGE BETREUUNG.

DasManage-

ment der Nebenwirkungen brauche viel Er-

fahrung und sei sehr aufwendig, betont der

Experte. Er macht darauf aufmerksam, dass

der an sich erfreuliche Umstand der immer

länger werdenden Überlebenszeiten auch

bedeutet, dass für den einzelnen Krebspa-

tienten und damit auch insgesamt mehr Res-

sourcen für die Therapie benötigt werden.

Ob jene Patienten, die nach einer Immunthe-

rapie bereits langjährig tumorfrei sind, tat-

sächlich dauerhaft geheilt sind, kann man

laut den Experten seriös nicht beantwor-

ten – schlicht, weil dafür der Beobachtungs-

zeitraum noch zu kurz ist.

Optimismus herrscht bezüglich der Weiter-

entwicklung der bestehenden beziehungs-

weise Entwicklung neuer Therapien. Zwar

meint Höller, dass die großen Sprünge be-

reits gemacht wären, „jetzt backen wir klei-

nere Brötchen.“ Dennoch erwartet er in den

kommenden Jahren für einige Patienten-

gruppenmerkliche Fortschritte. Zudemwer-

de daran geforscht, bereits im Vorfeld zu er-

kennen, welcher Patient von welcher

Therapie am besten profitiert. „Das ent-

spricht dem Trend, der in Richtung Indivi-

dualisierung der Krebstherapie geht“, sagt

Höller.

„Selbst bei Patienten in sehr fortgeschrittenem Stadium

haben wir gute Erfolge gesehen.“

CHRISTOPH HÖLLER

Foto: Getty Images

Ab einer gewissen Tiefe

verbreiten Melanome

über Blut und Lymphe

Metastasen.

gegen den Tumor aktiv. Seit 2011 stehen

Antikörper gegen die Signalmoleküle CTLA-

4 und PD-1 zur Verfügung. „Mit dieser Im-

muntherapie kann – wenn sie gut greift – ein

Teil der Patienten tatsächlich langfristig tu-

morfrei sein“, sagt Höller. Studien hätten ge-

zeigt, dass die Langzeit-Überlebensraten

sogar noch etwas besser seien als bei der ge-

zielten Therapie mit BRAF- und MEK-Inhi-

bitoren. Daher setzt man heute selbst bei

Melanomen, die die entsprechenden Muta-

tionen aufweisen, als Erstlinientherapie auf

die Immuntherapie.

Neben der Therapie mit PD-1-Antikörpern

alleine werden auch Antikörper gegen

CTLA-4 als auch PD-1 in Kombination ein-

gesetzt. „Das verbessert die Ansprechraten

und die Wirkung. Bei PD-L1 alleine spre-

chen etwa 40 Prozent der Patienten an. Mit

der Kombinationstherapie sind nach fünf

Jahren über die Hälfte der Patienten noch

amLeben“, berichtet Höller und erinnert da-

ran, dass in Zeiten, als nur die klassische

Chemotherapie zur Verfügung stand, die