GESUNDHEITSMAGAZIN
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werden kann: Haare nicht ständig straff zu-
rückbinden, schon bei Kindern darauf ach-
ten. Und freilich: Auch häufige Dauerwellen,
Glätteisen oder ständiges, aggressives Fär-
ben beeinträchtigen die Haare, wirken sich
aber nicht unbedingt auf deren Anzahl aus.
Nicht so einfach ist das bei der Alopecia area-
ta, einer autoimmunologisch bedingten Form
von Haarverlust. Es zeigt sich auffälliger,
kreisförmiger Haarausfall mit einer oder
mehreren runden kahlen Stellen am Kopf.
Die Haarwurzeln bleiben wegen einer laten-
ten Entzündung zu lange in der Ruhephase.
Sie leben aber, die Haare wachsen bei den
meisten auch wieder nach. Frauen sind öfter
betroffen als Männer, der Altersgipfel liegt
zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. „Am
kreisrunden Haarausfall, der sehr oft psy-
chosomatisch bedingt ist, wird stark ge-
forscht“, weiß Kopera, „ein revolutionieren-
des Gegenmittel wurde bislang allerdings
noch nicht gefunden.“
KEINE WUNDERMITTEL.
Und auch, wenn
kaum ein Monat vergeht, in dem nicht ir-
gendein neues „Wundermittel“ in Tropfen,-
Tee- oder Lotionform auf demMarkt kommt,
das wirklich wirksame Mittel wurde noch
nicht erfunden. Sonst würden die Hersteller
wohl Milliardäre und niemand mehr haarlos
sein. Auch Softlaserbehandlungen bringen
meist keine dramatischen Verbesserungen.
Keine Lockenpracht, aber zumindest ein
Aufhalten des Haarverlusts darf man sich
von zwei klinisch untersuchten Mitteln er-
warten, deren Wirksamkeit nachgewiesen
ist: Minoxidil-Lösung (eigentlich ein blut-
drucksenkendes Mittel) sowie die rezept-
pflichtigen Finasterid-Tabletten (eigentlich
Medikamente zur Behandlung der benignen
Prostatahyperplasie). Sie können sogar beim
häufigsten, dem erblich bedingten Haaraus-
fall wirken. An der sogenannten androgene-
Auch wenn ständig
neue Mittel auf den
Markt kommen, eine
Wunderkur gegen
Haarverlust wurde
noch nicht erfunden.
HAARVERLUST
Therapie
tischen Alopezie leidet jeder zweite Mann
und jede fünfte Frau in Österreich. Der
männliche Haarausfall beginnt meist mit Ge-
heimratsecken oder Tonsur-Glatze, bei
Frauen zeigen sich vor allem lichte Stellen im
oberen Bereich, eine Totalglatze ist bei ihnen
extrem selten. Ob es den einzelnen mit 20
oder 60 Jahren trifft, bestimmen die Erban-
lagen. Beim erblich bedingtem Haarausfall
verkümmern die Haarwurzeln. Ursache ist
eine vererbte Empfindlichkeit der Haarwur-
zelzellen auf Androgene (Sexualhormon, von
dem Männer wesentlich mehr haben als
Frauen).
EIGENBLUT UMSTRITTEN.
Aber auch den
Genen kann man ein Schnippchen schlagen
und den erblich bedingten Haarausfall be-
kämpfen. Da wäre zunächst einmal die soge-
nannte „Vampir-Therapie“, bei der aus
Eigenblut plättchenreiches Plasma gewon-
nen und in die Kopfhaut gespritzt wird. Daisy
Kopera hat dazu eine placebokontrollierte
Studie gemacht. Resultat: Sowohl in der Pla-
cebo- als auch in der Verum-Gruppe konnte
keine Förderung des Haarwachstums be-
merkt werden. Der Chirurg Alexander Siegl
ist damit nicht ganz einverstanden. „Es gibt,
wie so oft in der Medizin, Studien, die zu
unterschiedlichen Ergebnissen kommen. So
gibt es auch Studien, die besagen, dass die
Eigenbluttherapie sehr wohl wirkt. Dabei
geht es nicht um Haarverdichtung oder neu-
es Haarwachstum, sondern um eine Reduk-
tion des Haarausfalls und Stärkung des be-
stehenden Haares.“ Er selbst habe in seinen
Ordinationen in Wien und Linz oft Erfolg
damit. Auch der Hormontherapie stellt er ein
gutes Zeugnis aus. „Wir kombinieren häufig
etliche Behandlungen miteinander.“ In die-
sen Reigen fällt auch die Mesotherapie, bei
der speziell gemischte „Cocktails“ in die
Kopfhaut injiziert werden – das soll die
Durchblutung verbessern und die Regenera-
tion von Haarwurzeln ankurbeln.
Hilft das alles nichts, bleibt immer noch die
Haartransplantation: Beachvolleyballprofi
Alexander Horst, Davis-Cup-Kapitän und
Ex-Tennisprofi Stefan Koubek haben es
heuer getan, die Fußballprofis Dominik
Hofbauer und Philipp Huspek bereits letz-
tes Jahr: Sie alle waren beim österreichi-
schen Pionier der Haartransplantation, bei
der Wiener Moser Medical Group. Seit 1979
beschäftigt sich das Unternehmen mit der
und Professorin an der Grazer Universitäts-
klinik für Dermatologie und Venerologie, er-
klärt: „Bei einer Diät, in der man in zwei Mo-
naten zehn Kilo abnimmt, ist Haarausfall
programmiert, weil die Haarwurzeln aus
Selbstschutz in eine verlängerte Ruhephase
gehen.“ Das Gegenmittel ist klar: Keine Ra-
dikalkuren. Auch Mangelernährung, Vita-
min-, Eisen- oder Schlafmangel können die
Pracht amKopf dezimieren. Die Lösung liegt
auf der Hand: ausreichend Schlaf, ausgewo-
gene Ernährung. Gelatinreiche Kost (Aspik,
Rindsuppe, Gummibärlis) sowie Zink, Selen
oder Kieselerde können die Struktur der
Haare und Nägel verbessern, auch Vitamin
H tut gut.
STRESS, KRANKHEIT, MEDIKAMENTE.
Haarräuber können auch Dauerstress,
Krankheit, Operationen, psychische Belas-
tung, manche Medikamente und Chemothe-
rapie sein. Normalerweise ist ein Kopfhaar
vier bis sechs Jahre in der aktiven Wachs-
tumsphase und geht dann in eine zwei bis
vier Monate dauernde Ruhephase über, in
der sich die Haarwurzeln regenerieren. Da-
nach wird wieder neues Haar produziert.
Nun kann es aber sein, dass sich die Ruhe-
phase in Folge von Dauerstress viel länger
hinauszieht, zu viele Haare zu lange „schla-
fen“. Die Haarwurzel geht zwar nicht zu-
grunde, aber die Anzahl der Haare geht deut-
lich zurück, neue kommen nicht nach,
zumindest solange die auslösende Ursache
nicht bewältigt ist.
Hierbei handelt es sich in den allermeisten
Fällen um den sogenannten diffusen Haar-
ausfall: Haare gehen büschelweise oder das
Haar dünnt sich merkbar aus. Frauen sind da
wesentlich häufiger betroffen als Männer. Zu
den Ursachen für den diffusen Haarausfall
gehören: Eisenmangel, Über- oder Unter-
funktion der Schilddrüse, Hungerkuren, In-
fektionen, Krebs, Lebererkrankungen, be-
stimmte Medikamente. Oft findet man auch
keine Ursache.
ZU FESTER PFERDESCHWANZ.
Eine oft
nicht bedachte Ursache für Haarverlust kann
auch ein über Jahre zu straff gebundener
Pferdeschwanz sein. Die dauernde mechani-
sche Überbelastung lässt die Haarwurzeln
leiden, sie können unter Umständen sogar
absterben. Die Fachwelt spricht von „Trak-
tionsalopezie“, der ganz leicht vorgebeugt