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GESUNDHEITSMAGAZIN

SELTENE HAUTERKRANKUNGEN

Forschung

die Befunde imTeambesprochen und weitere

diagnostische und therapeutische Schritte

vereinbart.“ Über Videokonferenzen nehmen

bedarfsweise benachbarte Zentren für Der-

matogenetik an den Board-Sitzungen teil.

Schmuth:

Das Zentrum für Genodermatosen

mit Schwerpunkt Verhornungsstörungen

arbeitet engmit den Strukturen des Zentrums

für Seltene Erkrankungen Innsbruck (ZSKI)

zusammen.“

FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE.

Zudem

werden an dem Innsbrucker Expertisezen-

trum intensive Forschungen zur Aufklärung

und Therapie von exzessiver, erblicher Haut-

schuppenbildung (Ichthyosen) betrieben, ins-

besondere bei Neugeborenen, bei denen eine

gestörte Hautbarrierefunktion lebensgefähr-

lich sein kann. Bereits seit 2003 waren an der

Universitätsklinik immer wieder Forschungs-

arbeiten denVerhornungsstörungen derHaut

gewidmet, zu denen unter anderem Ichthyo-

sen (Ganzkörperschuppung) und palmoplan-

tareHyperskeratosen (Verdickung vonHand-

und Fußflächen) zählen.

Ichthyosen und palmoplantare Hyperkerato-

sen gibt es in etwa 50Ausprägungsformen, die

unterschiedlich selten sind. Die Krankheits-

last der verschiedenen Formen ist laut

Schmuth sehr unterschiedlich. „Manche For-

men sind vor allem im Säuglingsalter lebens-

gefährlich und stellen nach der Geburt einen

Notfall dar, andere führen in erster Linie zu

einer schweren Beeinträchtigung der Lebens-

qualität.“ Man könne sich die Ichthyose als

eine Art von Zellenstau vorstellen, der entste-

he, weil entweder die Produktion der Zellen

zu rasch erfolge oder weil der natürliche Ab-

schuppungsprozess verlangsame oder behin-

dert werde, oder aus beiden Gründen. „Die

verdickteHornschicht kann nicht ausreichend

Wasser binden und hat daher einen hohen

Feuchtigkeitsverlust. Sie wird immer trocke-

ner, schrumpft und bricht auf. Die Risse ver-

tiefen und verbreitern sich. Die Haut be-

kommt das typische Schuppenmuster.“

Für die Betroffenen bedeute dies einen großen

Pflegeaufwand. Da zudem die meisten Ver-

hornungsstörungen schon mit der Geburt

oder dem frühen Kindesalter einsetzen, sei

der Zeitaufwand für die tägliche Hautpflege

enorm. „Vieles dreht sich um tägliche stun-

denlange Prozeduren, um die Funktion und

das Aussehen der Haut so gut wie möglich zu

verbessern. Auch Augen, Ohren und Haare

können beeinträchtigt sein und ständige Pfle-

ge und Behandlung erforderlich machen. Bei

den palmoplantaren Hyperkeratosen gibt es

schwere Ausprägungsformen, welche das Ge-

hen erschweren oder gar unmöglichmachen.“

ÜBER 400 SELTENE HAUTKRANKHEITEN.

Abgesehen von den Verhornungsstörungen

und Hyperkeratosen gebe es zahlreiche an-

dere seltene Krankheiten, die sich primär an

der Haut, an anderen ektodermalen Struktu-

ren wie Haaren, Nägeln und Zähnen oder am

subkutanen Bindegewebe manifestierten,

sagt Schmuth. Insgesamt gibt es etwa 400 auf

einem Gen beruhende seltene Hauterkran-

kungen, Genodermatosen. Dazu kommen

verschiedene nichtgenetische seltene Haut-

erkrankungen oder Krankheiten aus dem

autoimmunen Spektrum. Insgesamt geht

man davon aus, dass sechs bis acht Prozent

der Bevölkerung an irgendeiner dieser spe-

ziellen Hautkrankheit leidet. Österreichweit

ergibt das 30.000 Patienten.

„Trotz der Offensichtlichkeit dieserManifes-

tationen und der schweren klinischen wie

auch psychosozialen Auswirkungen vieler

dieser Erkrankungen ist unser Wissen über

die genauen genetischen Grundlagen und die

molekularen Zusammenhänge oft noch un-

zureichend. Dadurch sind die Möglichkeiten

der Entwicklung neuer Behandlungsmetho-

den eingeschränkt.“ Durch die enge Koope-

ration des Expertisezentrums mit anderen

Einrichtungen der Med-Uni Innsbruck, ins-

besondere mit dem Zentrum für Seltene Er-

krankungen Innsbruck (ZSKI), werde jedoch

auch bei diesen Erkrankungen eine umfas-

sende Betreuung, Beratung und Forschung

für zukünftige Therapien angestrebt.

Nationale Expertisezentren für seltene

Erkrankungen

werden in Österreich primär

mit dem Ziel etabliert, an seltenen Krankhei-

ten leidende Patienten optimal zu versorgen.

Sie sind die Hauptmaßnahme zur Umsetzung

des nationalen Aktionsplans für seltene

Erkrankungen (NAP.se). Die Letztentschei-

dung über die Designation einer bestehen-

den Einrichtung als Expertisezentrum trifft

die Bundes-Zielsteuerungskommission

(Organ der Bundesgesundheitsagentur).

Als erste Piloteinrichtungen Österreichs

wurden das EB-Haus (für Schmetterlingskin-

der) in Salzburg (2016) und das St. Anna

Kinderspital (für Kinder mit Tumorerkrankun-

gen) in Wien (2017) designiert. Beide

Zentren wurden dadurch auch zu Mitglie-

dern der entsprechenden europäischen

Referenznetzwerke.

Für weitere fünf Einrichtungen wurde die

Designation zum Expertisezentrum 2018/2019

beschlossen, darunter das Innsbrucker

Expertisezentrum für seltene Hauterkrankun-

gen mit Schwerpunkt Ichthyosen, das auch

umfassende Betreuung für eine Vielzahl

weiterer seltener Hauterkrankungen leistet.

Für zwei Zentren soll die Designation noch

2019 abgeschlossen werden. Für sieben

weitere Einrichtungen wurde das Designa-

tionsverfahren im Juni 2019 eingeleitet.

www.eb-haus.org/ www.debra-austria.org/

Gesundheits-

INFO

Foto: Getty Images

Schwere Verhornungs-

störungen (Ichthyosen)

treten in verschiedenen

Ausprägungen auf.