10
GESUNDHEITSMAGAZIN
NEWS
Intro
Forschung
Simulationssoftware soll Biologika-Produktion effizienter machen
Eine relativ junge Klasse an Arzneimitteln, die
Biopharmazeutika, auch Biologika genannt, ist für
zahlreiche Fortschritte in der Behandlung etwa von
Krebs oder chronischen Krankheiten verantwortlich.
Im Gegensatz zu herkömmlich chemisch hergestell-
ten Medikamenten mit relativ kleinen Molekülen
handelt es sich um langkettige Proteine, die auf
biologischemWeg aus speziellen Zellkulturen
gewonnen werden, die man in sogenannten
Bio-Reaktoren züchtet. Diese Produktionsart ist
aufwendig und noch relativ neu, die Kosten der
Biologika entsprechend hoch. Um den Produktions-
prozess effektiver gestalten zu können, wird an der
TU Graz ein Simulationsprogramm entwickelt, das
alle Prozesse im Reaktor, vor allem den Einfluss des
Rührwerks und die Blasenbildung eingebrachter
Gase, rasch und benutzerfreundlich abbildet. So
sollen die derzeit üblichen, langwierigen Versuche
nach dem Trial-and-Error-Prinzip auf ein Minimum
reduziert und damit Entwicklungszeit sowie -kosten
gespart werden. Für dieses Vorhaben erhielt der
Forscher Christian Witz eine Förderung im Rahmen
des Spin-off-Fellowship-Programms der Österreichi-
schen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Witz
plant 2021 die Gründung eines eigenen Unterneh-
mens, das einerseits die biotechnologische Industrie
beraten und andererseits die Software an Unter-
nehmen verkaufen soll, die keine Einblicke
gewähren wollen. Basis für die neue Software ist ein
von Witz entwickelter Simulationscode für gerührte
und begaste Bioreaktoren, der seit 2017 in der
industriellen Forschung eingesetzt wird.
Haut-Helferzellen auch im Blut entdeckt
Bislang ist man davon ausgegangen, dass die T-Helferzellen der Haut, die
bei Wunden aktiv werden, nur in der Haut vorkommen. Die Salzburger
Immunologin Iris Gratz hat gemeinsammit dem US-Forscher Daniel
Campbell entdeckt, dass eine geringe Menge dieser Helfer-Immunzellen
im Blut zirkuliert. „Wir haben nachweisen können, dass die Gedächtniszel-
len der Haut nicht an ihrem Platz bleiben, sondern über das Blut zu
anderen Hautregionen wandern“, sagt Gratz. Dort können die Zellen
Infektionen bekämpfen und die Wundheilung unterstützen. Die Entde-
ckung ist für die medizinische Forschung relevant, da die T-Helferzellen
aus dem Blut leichter extrahierbar sind als aus der Haut. Die Wissenschaft-
lerin erhofft sich dadurch Fortschritte bei der Entwicklung von Medika-
menten, die die körpereigene Wundheilung aktivieren.
KI erkennt Herzschwäche
an einem Schlag
Herzinsuffizienz ist eine der
häufigsten Todesursachen. An der
University of Surrey (GB) wurde ein
Neuronales Netzwerk entwickelt, das
in Tests Herzinsuffizienz an einem
einzelnen Herzschlag zu 100 Prozent
erkannt hat und sogar die Schwere
beurteilen kann.
Bakterien-DNA innerhalb von
Minuten entschlüsselt
Bakterien-DNA zu bestimmen – etwa bei
Verdacht auf Infektion mit resistenten Erre-
gern – braucht Stunden. An der TUWien wurde
nun ein Verfahren entwickelt, das nur Minuten
benötigt. Dabei wird die Zellwand mittels zweier
patentierter ionischer Flüssigkeiten geöffnet.
Diese sind schneller und DNA-schonender als
die bislang eingesetzten Enzyme.
Fonds kurbelt Arzneimittelentwicklung an
Die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws), der Europäische Investitions-
fonds in Luxemburg und die Max-Planck-Förderstiftung in Deutschland
haben gemeinsam den KAHN-I-Fonds ins Leben gerufen, um exzellente
Grundlagenforschung in professionelle Arzneimittelentwicklungsprojekte
für neue Therapieoptionen überzuführen. Insgesamt stehen für fünf Jahre
bis zu 60 Millionen Euro zur Verfügung. Der aws-Anteil beträgt 3,2 Mio.
Euro. Die Projekte sollen vorwiegend aus österreichischen und deutschen
Forschungseinrichtungen stammen, Hauptsitz des Fonds ist Dortmund.
In Österreich hat der Fonds mit der wings4innovation GmbH (w4i) eine
Tochtergesellschaft gegründet. Sie übernimmt für den Fonds die Suche und
Durchführung von vielversprechenden Projekten, die die gesamteWertschöp-
fungskette von Entwicklung bis zur Kommerzialisierung abdecken sollen.
Fotos: TU Graz, Getty Images