gika-Therapie bei Patienten mit immunologischen entzündlichen
Krankheiten, vor allem aber bei unseren Krebspatienten, die mit den
neuen Immun-Therapeutika, den Checkpoint-Inhibitoren, oder
„small molecules“, der „zielgerichteten Therapie“, behandelt werden.
Diese Nebenwirkungen können alle Organe erfassen, vor allem aber
auch an der Haut die unterschiedlichsten Reaktionen hervorrufen.
Ich könnte mir schon vorstellen, dass Allergien, Neurodermitis
und so weiter auch im Krankenhaus die Dermatologie-Stationen
dominieren.
Natürlich werden immer wieder Patientenmit sehr schwer verlaufen-
der atopischer Dermatitis/Neurodermitis oder Schuppenflechte sta-
tionär aufgenommen. Dann, wenn niedergelassene Dermatologen
keine zufriedenstellende Behandlung mehr durchführen können.
Aber diese Patienten stellen nur mehr einen sehr kleinen Teil unserer
stationären Patienten dar. Das sind Patienten, die eine intensive Be-
treuung brauchen. Tägliche, oft zweimalige, großflächige Lokalthera-
pie, tägliche ärztliche Kontrollen, um diese Therapie demVerlauf an-
zupassen, dazu intravenöse Therapie mit verschiedenen Substanzen,
oft zwei- bis dreimal täglich. Wie soll das imniedergelassenen Bereich
organisiert werden?
Die Niedergelassenen in Österreich sind sehr gut ausgebildet und sehr
engagiert. Und sie fangen sehr viel ab. Sie müssen
sich vorstellen: 80 Prozent aller Melanome wer-
den im niedergelassenen Bereich diagnostiziert
und primär therapiert, also dermato-chirurgisch
entfernt, herausgeschnitten.
Und die restlichen 20 Prozent, die zu Ihnen
kommen?
Die kommen meistens über die Ambulanzen –
entweder direkt oder von Dermatologen ge-
schickt, weil dieMelanome eine Größe haben, die
sie selbst draußen nicht mehr operierenmöchten,
oder weil es noch Folgeuntersuchungen und -behandlungen braucht,
die man derzeit nur imSpital machen kann, wie den Sentinel-Lymph-
knoten zu bergen.
In welchen Bereichen der Dermatologie kann Österreich auf be-
sondere Forschungsleistungen oder -schwerpunkte verweisen?
In Österreich existiert die Melanomforschung ausschließlich an der-
matologischen Abteilungen. Das Melanom ist in Österreich – wie in
Deutschland – so gut wie ausschließlich in der Hand von Dermato-
Onkologen. Wir haben bisher knapp 4000 Patienten mit metastasie-
rendem Melanom mit Checkpoint-Inhibitoren beziehungsweise Ki-
nase-Inhibitoren behandelt, haben also große Erfahrung und auch
einen sehr großen Behandlungserfolg, bis zu 50 Prozent dieser Pa-
tienten überleben.
Welche anderen Schwerpunkte gibt es?
Wir haben den Schwerpunkt der „Schmetterlingskinder“ in Salzburg.
In Innsbruck wiederum liegt der Schwerpunkt einerseits auf demMe-
lanom, Neurodermitis, andererseits auf der Immunologie, insbesonde-
re der Langerhans-Zelle. Wie in Salzburg wird hier tolle molekularge-
netische Forschung betrieben. In Graz ist die Lymphomforschung und
die Dermatohistopathologie im Vordergrund, in Wien die Immunolo-
gie. Die österreichische dermatologische Forschung hat punktuell
Gesundheitsversorgung
INTERVIEW
GESUNDHEITSMAGAZIN
7
Was sind die häufigsten Krankheitsbilder, mit denen Dermatolo-
gen heute im klinischen Alltag konfrontiert sind?
An den Krankenhäusern ist man prinzipiell mit schwereren Verläufen
der sonst üblichen Krankheiten konfrontiert, also mit dem, was man
im niedergelassenen Bereich nicht schafft. Wir haben zur Zeit sehr
viele Patientenmit sehr schwer verlaufenden Infektionen wie Rotlauf
und Gürtelrose, vor allem im Gesicht. Dazu viele Patienten mit de-
generativen Erkrankungen an den Gefäßen, chronisch venöse Insuffi-
zienz, periphere arterielle Verschlusskrankheit insbesondere auch bei
Diabetes-Patienten, mit schmerzhaften Ulzera, „schwarzen“ Zehen,
solche Patienten kann man draußen nicht behandeln.
Dazu kommen schwere immunologische System-Krankheiten, die
man primär nur im Krankenhaus managen kann. Die Patienten wer-
den hier diagnostiziert, wir leiten die Therapie ein, danach werden sie
im niedergelassenen Bereich, in enger Zusammenarbeit mit uns, wei-
ter versorgt, viele müssen aber regelmäßig stationär aufgenommen
werden. Die größte Gruppe, etwa die Hälfe unserer stationären Pa-
tienten, leidet an einer Form des Hautkrebses.
Weil Sie schon offene Beine und schwarze Zehen erwähnen: Wie
wirken solche Anblicke auf Studierende, die sich für das Fach in-
teressieren? Auf einem deutschen Internetportal für Medizinstu-
dierende werden Dermatologie-Interessenten
vorgewarnt, dass man speziell im klinischen
Alltag Dinge sieht, die nicht für jedermann ge-
eignet sind.
Ich komme gerade von der Visite mit mehreren
Studenten; in unserer Abschlussbesprechung
habe ich sie aufgefordert, noch einmal drei Pa-
tienten mit Rotlauf an den Beinen genau anzu-
schauen, weil diese drei vollkommen unter-
schiedlich aussehen und doch an einer klassischen
Hautkrankheit leiden. Einer hat einfach ein rotes
Bein, der andere zusätzlich Blutblasen und ober-
flächliche, seichte Geschwüre, dem Dritten „fällt das Fleisch vom
Bein“. Das mag für einen Laien „grauslich“ ausschauen, für Studenten
stellen solche Bilder aber keine besondere Herausforderung dar.
Das bedeutet, Dermatologie ist ein diagnostisch sehr schwieriges
Fach, oder?
Ja, weil klar definierte Hautkrankheiten oft mit sehr unterschiedlichen
Manifestationen auftreten. Auch gibt es sehr viel Systemkrankheiten
mit dermatologischen Veränderungen, wobei diese diagnostisch oft
wegweisend sind. Und schließlich ist dieDermatologie das Fachmit der
größten Zahl an seltenen Erkrankungen, an Orphan-Diseases, von
denen man manche nur ein-, zwei- oder dreimal im gesamten Berufs-
leben sieht – das sind schon diagnostische Herausforderungen.
Inwiefern hat sich das im Vergleich zu früher geändert? Sind be-
stimmte Erkrankungen angestiegen oder weniger geworden?
Die Zahlen haben sich, mit wenigen Ausnahmen, nicht grundlegend
geändert, aber wahrscheinlich unsere Genauigkeit in der Diagnostik.
Manche Krankheiten wie die Neurodermitis oder Allergien ganz all-
gemein sind aber wissenschaftlich bewiesen tatsächlich häufiger ge-
worden, ebenso der „weiße“ und der „schwarze“ Hautkrebskrebs. Kei-
ne Hautkrankheiten sind völlig verschwunden; umgekehrt sehen wir
eine Reihe neuer „Hautkrankheiten“ als Nebenwirkungen der Biolo-
„Wenn ein Medizin-
studium ohne das
Fach Dermatologie
abläuft, ist das
absurd.“
KLEMENS RAPPERSBERGER